Mittwoch, 30. Dezember 2009

Hausfrauenlänge

Ode an die Nagelfee

"Es kann die Bestie nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt" - oder so.

Alex und Britta haben allerdings ausgesprochen liebe Nachbarn - was sie als Indiz dafür nehmen, dass sie wohl keine richtigen Bestien sein können.

Die Nachbarin trat ja schon quasi als Anschauungsobjekt in Erscheinung, ist Mutter vierer Kinder von zwei bis zweiundzwanzig, stolze Trägerin des Bratzenstempels mit Eichenlaub und Schwertern, Besitzerin eines Hündchens, das sowohl in Aussehen als auch Größe fast tragisch an einen naßgewordenen Gremlin gemahnt, quietschblond (Sie! Nicht der Gremlin!) - und ein wirklich hervorragendes Rollenmodell.

Darüber hinaus ist sie die einzige, der Britta das adäquate Beschlagen ihrer Vorderhufe anzuvertrauen wagt:

Sie ist - Die Nagelfee!

Ganz hinten im nachbarlichen Garten steht nämlich ein kleines Häuschen, in dem sie in weihevoller Atmosphäre dem edlen Beruf der Nagel-Designerin nachgeht.


Den Begriff "Nagelfee" verdanke ich übrigens der Kindin, die sich im zarten Alter von drei Jahren ganz gehörig den Daumen klemmte, was gottlob ohne Zertrümmerung kleinkindlicher Knochensubstanz abging. 
Was dann allerdings doch abging, war der Nagel... 

Als ich den feierlich entsorgen wollte, schritt sie beherzt ein, forderte, ihn in einem Döschen zu verwahren und unter ihrem Kopfkissen zu deponieren, auf dass die flink erfundene "Nagelfee" ihr den schmerzlichen Verlust gefälligst vergüten möge, wie es die Zahnfee schließlich mit den entsprechend anfallenden Körperteilen auch zu tun pflege.
Diesem für eine Dreijährige erstaunlich stringenten Gedankengang wußte ich nichts entgegenzusetzen, so dass Tochterkind am nächsten Morgen triumphierend ein auf wundersame Weise anstelle des schrumpeligen Nagels materialisiertes, funkelndes 2-Euro-Stück vorweisen konnte.
 - Aber ich schweife ab.

Das maskuline Pendant, der ihr angetraute Gatte, ist fast breiter als hoch, gewollt kahlköpfig und definitiv NICHT der Typ Mann, dem man nächtens - vielleicht noch mit Springerstiefeln, Baseballkeule und Pittbull - im Park begegnen möchte.
Alex aber ist ihm herzlich zugetan - nicht nur, weil er von rauher Herzlichkeit und seinerseits ein wundervolles Rollenmodell ist, sondern auch, weil die beiden ein gemeinsames Hobby teilen:
Holzhacken!
Sie haben sich immer viel zu erzählen - also... was Männer so unter "Erzählen" verstehen.
Dreht sich offenbar im Wesentlichen um das Erwägen des Für und Widers verschiedener Fiskars-Äxte und diverser Kettensägen.

Unser Nachbar ist nämlich gar nicht so gefährlich, wie er aussieht - vielmehr Security bei der Hochbahn: einer von den Good-Guys also!

Als die Beiden (samt Hündchen und Kinderschar) das Haus neben uns erwarben, schwante uns nichts Gutes - wir beobachteten sie lange wie zwischen Abscheu und Faszination hin- und hergerissene Insektenforscher vom Balkon unserer Trutzburg herab.

Unsere Nachbarn widerum waren sich angesichts unseres über 100 Jahre alten Spukschlößchens und seiner seltsamen Bewohnen sicher, fortan in unmittelbarer Nähe Untoter oder zumindest einer Seitenlinie der Addams-Family wohnen zu müssen.

Den Durchbruch brachten unsere Gören, die begannen, wie Romeo und Julia über die gemeinsame Gartenmauer zu kommunizieren (das Prinzip der Kommunizierenden Gören ist dem ein oder anderen vielleicht noch aus dem Physikunterricht bekannt).
Die "Mamis" (also das Brittalein und E.) kamen notgedrungen ins Gespräch - was dann den jeweils liebgewonnenen Vorurteilen flott den Coup de grâce versetzte. Scheiße...

Das Ende vom Lied ist, das Alex jetzt bei Nebenans den Weihnachtsmann gibt, während E. Britta die Nägel macht.
Und verdammt: die sind richtig cool! Total selbstverständliche Toleranz, sehr ähnliche Auffassung von Kindererziehung, super lustig.
Alex und O. kauften gemeinsam eine grobzerlegte 150-jährige Eiche, die sie anschließend rituell massakrierten - E. und das Brittalein fachsimpeln über Zucht und Hege von Krallen, Kochrezepte und die Gören.
Saddam und Camorra - oder wie das heißt.

Na - jedenfalls war kurz vor Weihnachten die Wartung der kryptonitverstärkten Digital-Protuberanzen fällig, was E. zu der Frage veranlaßte, ob sie nicht einen der Nägel  "ein wenig weihnachtlich" gestalten solle - sie hätte da was.

Britta schaut also wie Karnickel auf Schlange auf einen Bogen voll der herzigsten Weihnachtsmotive... nickt schwerfällig... wie in Trance... und verläßt wenig später das nachbarliche Nagelstudio (mal ehrlich: WER hätte ob dieses Wortes NICHT schon die absonderlichsten Assoziationen gehabt...??) mit folgendem Ergebnis:











Alexandrinischer Kommentar nach schüchterner Präsentation:
"WANN geht das wieder AB??"

MÄNNER!

ICH finde das SÜSS!
Und das bleibt dran!
SO! :-))

Oh! Eh ich's vergesse: "Hausfrauenlänge" ist ein im Nagelstudio gängiger Begriff.
Bezeichnet die Krallenlänge zwischen "Oh! Total abgefressen - wir retten, was zu retten ist!" und - Tussi-Schippen.
Also das, was einigermßen gepflegt wirkt, ohne bei der Erledigung der häuslichen Pflichten zu hindern.


Nur, falls es jemanden interessiert... ;-)


.

Dienstag, 29. Dezember 2009

Ach, du fröhliche ...

Holy Shit Night

Seit Britta denken kann, verabscheut sie die "Zeit zwischen den Jahren".
Na ja ... als Kind gings wohl noch. Da waren halt einfach Ferien, es galt, die erbeuteten Weihnachtsgeschenke kaputtzuspielen und sich auf Silvester zu freuen.























Es ging auch, so lange sie nicht selbst die Feier ausrichten mußte, kein pflegeintensives Haus nebst schneeräumungsbedürftigem Gehweg (Beweisfoto 1: eingeschneiter Alex&Maus-Haus-Garten), kein fast hyperaktives Tochterkind und keinen Gatten im verjährungsbedrohten Jahres-End-Arbeitswahn hatte.

Den erhöhten saisonbedigten Aktivitäten ist zu verdanken, dass ich erst jetzt dazu komme, mich wieder ein wenig um mein Blog zu kümmern, dass für mich ja Teil der von Alex verordneten "Gedankenhygiene" ist.
Jedenfalls, wie ICH das verstehe.

Weihnachten also.
Diesmal eigentlich recht übersichtlich: Mause-Eltern, Mause-Tochter, beste ExMauseFrau der Welt, Alex und die Maus höchstselbst = fünfeinhalb Personen in Toto, und deshalb gut zu schaffen.
Alex' Tochter war Paps und Oma heimsuchen, Oma war wohl auch zu uns eingeladen, mußte aber absagen, weil sie die Bilokation immer noch nicht vollumfänglich beherrscht.
Es gab Rehlein-Beinlein (das arme Ding hat der Jäger ganz bestimmt totgestreichelt, so zart war das!) mit Apfel-Ananas-Rotkohl und Semmel-Geknödel - so lecker, dass die Waage jetzt vor lauter Begeisterung zwo K mehr anzeigt. (hier hätte jetzt Beweisfoto 2 hingesollt - sich biegende Tafel und so - reiche ich vielleicht noch nach, wenn der beste Stiefvater von allen es noch gebacken kriegen sollte, die Fotos zu mailen)
Weil meine Mom die Rehkeule schon vorgebraten hatte und mit fertigem Knödelteig anrückte, die Ex nebst Brut sich um den Baum kümmerte und auch den Obstsalat schnibbelte, blieb an mir eigentlich nur Rotkohlmachen (frisch natürlich!), Tischdecken, eifriges Hin- und Herwuseln und die anschließende Chaosbeseitigung hängen.
Was, weil ich Schussel ja darauf bestehe, zu solch hohen kirchlichen Feiertagen das Paradegeschirr aufzufahren, das dank protzigstem Goldgerändsel gebieterisch nach Handwäsche verlangt, dann doch eine ziemliche Aktion war.
Anyway - war's allemal wert.

Alex mußte zwischendurch schnell noch im Weihnachtsmann-Kostüm die Nachbarsgören verstören, und verwirrte dabei flink noch en passant das Tochterkind, das zwar schon im letzten Jahr beschlossen hatte, nicht mehr an Santa zu glauben, sein frisch aufpoliertes Weltbild nun aber angesichts meines voll aufgebretzelten Gatten ins Wanken geraten sah und ziemlich perplex seine Geschenke in Empfang nahm. Sehr lustig, das.

Eigentlich war sie die einzige, die so richtig Geschenke bekam - wir Erwachsenen waren wohl alle übers Jahr nicht brav genug.

Die ganze Nummer vollzog sich zwischen 13 und 22 Uhr, schon gegen Mitternacht hatte ich das gröbste Chaos vorsortiert, so dass wir müde, aber tiefbefriedigt in die Federn konnten.
Der erste Weihnachtstag ging fast vollständig für die Rest-Restaurierung drauf, derweil Alex schon wieder über seinen verjährenden Fristen brütete.

Nee, echt... dieses Jahr war sooo anstrengend, brachte sooo tiefgreifende Veränderungen... was bin ich froh, wenn es in zwei Tagen rum ist!

Seltsamerweise möchte ich aber kaum einen Tag davon missen. :-)

Donnerstag, 17. Dezember 2009

Zickenhörnchen

- wie Britta unversehens zu ihrer prächtigen Flittchenflagge kam ...

Es ist Sommer und wir begucken vom Balkon aus unsere Nachbarin, die in ihrem Garten vorsichhinwühlt.
Die Hose hängt tief auf den Hüften, das Top hat sich für die entgegengesetzte Marschrichtung entschieden und entblößt so den nachbarlichen Bratzenstempel.

"Schon ganz schön trashig, so ein Lower-Back-Tribal, oder?" -
"Hmm...", macht Alex, "ich find die Dinger ja nach wie vor ganz lustig..."
"Oh... echt?? Also... ich überleg ja schon seit Jahren...", bekennt Britta und windet sich ein bisschen.
"Und warum haste dann noch keins?"
"Na... wegen... weil... das ist ja doch ganz schön 'out'... Und die Stelle soll angeblich mächtig schmerzempfindlich sein... Und ziemlich teuer ist das wohl auch und so...", stottert Britta.
"Mal doch mal auf, wie du dir das vorstellst - vielleicht schenk ich dir das dann!"
"Alex ..!"
"Ja, was? Zeichnen kannst du es doch - dann gehen wir zu 'nem Tätowierer und fragen, was das kostet. Überlegen können wir dann ja immer noch."
"Meinst Du wirklich? ... Wenn, will ich aber nicht einfach nur so ein Tribal...", sagt Britta, die sich von Alex offensichtlicher Begeisterung nun doch ein wenig überfahren fühlt.
"Husch!" sagt er, wedelt mit der Hand, und Britta geht malen...

Stunden später.

"So vielleicht? So eine Mischung aus Tribal und Rosengeranke?"
Britta tritt von einem Bein auf das andere, Alex legt den Kopf schief und sagt: "Bisschen klein, finde ich. Wenn schon, denn schon. Und hier (wobei er auf eine freie Stelle unter der zentralen Rosenblüte tippt) könnte eigentlich mein Name hin!"
"Ähh... geht's noch?? Wie peinlich wär DAS denn?? Wenn ich mir jeden Namen hätte tätowieren lasse - ich sähe mittlerweile aus wie ein Reisekoffer!"
Britta guckt empört.
"Was denn?", fragt Alex, "Hast Du vor, noch ein paarmal zu heiraten? ICH finde das irgendwie romantisch - und ICH soll das ja schließlich auch bezahlen! Hehe... Nur Gutes verdient den Namen 'Kraft'!"

Zwei Tage später stehen wir mit dem korrigierten Entwurf vor einem fassungslosen Tätowierer.
"Äh - das meint Ihr doch nicht ernst?? WO soll das hin??"

Britta rudert verlegen mit den Armen, deutet schließlich auf ihren verlängerten Rücken und murmelt "Lower Back..."

"Ein ARSCHGEWEIH?? Warum DAS denn?? Wette verloren?? Det will doch heute kein Schwein mehr!"
Der Mann, ein ziemlicher Brocken mit nur noch wenig ungefärbter Haut, weiß offensichtlich nicht so recht, ob er lachen oder weinen soll, und meint schließlich: "Müßt Ihr selber wissen... für morgen hat jemand abgesagt... Fuffzehn Uhr hätt' ick 'nen Termin."
Arrrgh!! MORGEN schon?? Normalerweise wartet man in dem Laden zwei-drei Monate!
"Ach - Hopp oder doof", sagt mein Mann, zückt den Geldbeutel und legt die Anzahlung auf den Tisch, ehe der Nadelheinzi oder ich es uns noch anders überlegen.

Die Rückfahrt verläuft einigermaßen schweigend.
Alex redet beim Fahren eh nie viel (von gelegentlichen Verbalinjurien gegen die beweglichnen Ziele vor, hinter und neben ihm einmal abgesehen).
"Maus?" fragt Alex schließlich, "Du bist ungewohnt still. Alles okay?"
"Doch-doch... ist nur... das ging jetzt doch bissi schnell... sollen wir wirklich??"
"Tja - nu' is' zu spät. Wenn wir jetzt absagen, verfällt die Anzahlung."
"Na dann...", murmelt Britta und brütet weiter vor sich hin.

Tags drauf stehen wir erwartungsvoll in der "Freien Manufaktur" - ich gut gefüttert (wichtig, weil sonst der Kreislauf abklappt, stand auf dem Zettel, den wir zur gefälligen Beachtung mitbekamen), ausgiebig getränkt (wieder wegen Kreislauf!) und leider OHNE vorher eingeworfenes Aspirin (blutet sonst wie abgestochen, weil es das Blut verdünnt!), Alex breit grinsend.

"Oh! Ihr seid ja tatsächlich da", meint der Nadelheinz, "Hatte ja halb angenommen, dass Ihr doch 'nen Rückzieher macht! Dann mal los!" und schleppt mich in einen weißgekachelten Raum.
Alex muß leider draußen bleiben - Sterilität und so.
Bevor es so richtig losgeht, darf ich noch mal raus, um Alex die inzwischen auf die Haut übertragene Vorlage zu präsentieren. Der nickt beifällig und ab geht die Luzie.

"Det wird jetze bissken wehtun..." berlinert Nadelheinz, der im wahren Leben laut Prospekt Gerüstbauer und entsprechend handfest ist, fröhlich vor sich hin.
Und - holla! - Wirklich!! Waaaa!!! Kaum hat der angesetzt, sehe ich mein bisheriges Leben vor meinem inneren Auge vorbeiziehen und vermeine zu sterben.
Was zum Teufel macht der da?? Tätowiert der mich mit 'nem Boschhammer??

SCHMERZ! AGONIE!!!

"Wie... wie lange wird das dauern??" keuche ich, die ich wie Affe auf Schleifstein rittlings auf dem Stuhl kauere und die Finger in die Rückenlehne grabe. Dass nicht reihenweise Nägel abbrechen, ist nur der Spezial-Acrylmischung meiner Nagel-Fee zu danken, die da offenbar Kryptonit oder sowas reintut.
"Och... zwei-dreie Stunden brauchen wa, gloob ick... OHNE die Pausen." sagt der sadistische Gerüstbauer und schreddert mir beherzt durch die Epidermis. Unerwartet mitfühlend dann: "Doofe Idee, wah? Fiese Stelle... Meenste, du packst det?"

Britta nickt ergeben und knirscht mit den Zähnen.

Bösartig schnarrt das Tätowier-Dings - leider nicht laut genug, anhaltendes Wimmern meinerseits und fortwährend süffisante Kommentare meines Quälgeistes zu übertönen: "Ts-ts... nen Schlampenstempel... hab ick seit Jaaaahren nich mehr jestochen..." - "Biste nicht eigentlich schon zu alt für sowat? Aber is ja nie zu spät für 'ne glückliche Kindheit..." - "Ins Freibad jetze bessa mit Einteiler, wah?" - "Direkt üba die Wirbelsäule ist richtig scheiße, näh? Lebste noch?"
Zu und zu komisch - ich würd' ja lachen, wenn ich nicht so mit Stöhnen beschäftigt wäre.
Ich bin total verkrampft, schwitze buchstäblich Blut und Wasser und presse "Woa - ich bin klitschnaß!" hervor. "Hehe! Wegen mia, wah?? Det erzähl'n wa abba bessa nich deinem Macka!" freut sich der launige Nadel-Schrat, und ich bin mittlerweile einfach zu erschöpft und willenlos, als dass mir noch eine geistreiche, patzige Replik einfiele.

Zweieinhalb Stunden später wanke ich wie besoffen von all den Endorphinen zu Alex, der das Ergebnis der Tortur ausgiebig begutachtet, für gut befindet, über alle vier Backen strahlt, meinen Folterer großzügig entlohnt und mich zum Ausgang bugsiert.
"In drei-vier Wochen zum Nachgucken komm', wah?" brüllt der Herr der Nadeln uns nach.

Die Fahrt nach Hause vollzieht sich wieder relativ wortlos.
Alex will jetzt plötzlich auch ein Tattoo. Natürlich nicht so'n Mädchen-Teil. Einen Drachen nämlich. Auf dem Oberarm. Und denkt darüber nach, während Britta die Zähne immer noch nicht so recht auseinanderkriegt und sich müht, eine Sitzposition zu finden, in der sie nicht vor Schmerzen umkommt.

"Du-hu?" fragt sie schließlich, "Und Du findest es wirklich schön?"
"Ja, Maus." sagt Alex. "Es IST wirklich schön. Und ich freue mich, dass du das für mich so tapfer ertragen hast. Bist ganz schön fertig, oder?"

Britta ist sogar fix und fertig, strahlt aber glücklich und rast zuhause angekommen sofort zum Spiegel, um das Werk zu bestaunen.

Wow... Da ist er... Der Bratzenstempel!
Rot und geschwollen zwar - und unter der schützenden Folie mehr zu ahnen als zu sehen: Aber er ist DA!

Nun ist alles gut.

Und plötzlich findet auch sie den Namen darin SEHR romantisch.

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Bratzen Logik ...

Educating Britta

"Da!" sagt Alex anklagend, und deutet auf den Bildschirm, "Ich möchte, dass Du das liest!"

Britta sucht beflissen nach ihrer Sehhilfe und erblickt erschrocken eine schier endlose Bleiwüste offenbar hochpolitischen Inhalts, die sich in ihrer ganzen Trostlosigkeit erst nach ausgiebigem Gebrauch des Scrollrädchens offenbart.

"Ohne Bertelsmann geht nichts mehr" lese ich und frage: "Äh... Schatz... MUSS ich das lesen?? Das ist furchtbar lang... Und sieht kompliziert aus..."
"Ja", sagt mein Herr und Gebieter, bleckt die Zähne (ich muss mir immer erst wieder in Erinnerung rufen, dass das bei ihm einem Lächeln gleichkommt) und erläutert: "Das ist eben ein komplizierter Sachverhalt und gewiss geringfügig über Bild-der-Frau-Niveau - aber DU hast schließlich 'Achmed the dead Terrorist' (ein Synonym für Angela, deren eindrucksvollen Nasolabialfalten ja tatsächlich an die Handpuppe eines Bauchredners gemahnen) gewählt!"

Mist... Stimmt... Hätte ich nur damals im Politikunterricht besser zugehört und dem Umstand, dass Wahlen in diesem Land aus GUTEM Grund GEHEIM vonstatten zu gehen pflegen, mehr Rechnung getragen...

"DU bist für diesen neoliberalen Wahnsinn verantwortlich! Vollumfänglich!" wütet der Mann, dessen aufopferungsvoller Erwerbstrieb meine nichtswürdige Existenz finanziert, "Nun lies wenigstens, was sich hinter den von dir gewählten Pappkameraden verbirgt. Mußt du nicht gleich lesen - aber in einer Woche frage ich dich ab!"

Bitte?? Da hat wohl jemand zu häufig Faßbinders "Martha" geguckt!
Ein Buch über Brückenbautechnologie erscheint im Moment reizvoller als dieses Pamphlet, aber Britta - darauf bedacht, die relative Harmonie des Abends nicht unnötig zu gefährden - beschließt, besser gleich mit dem Lesen anzufangen.
Das ist wie mit dem Backofen-Schrubben: je eher daran, desto eher davon.

Schon nach etwa einem Drittel des Textes weiß ich gar nicht mehr so genau, was am Anfang gestanden hat und mache meinem Unmut vorsichtig Luft: "Aber Schatz... die schreiben hier 'Merkel DROHT die erste Bundeskanzlerin der BRD zu werden' - der Kram ist fast fünf Jahre alt..."
"Na und??" blafft Alex, "Hat an Aktualität nix verloren - und DU Doof-Bratze hast sie DAMALS ja auch schon gewählt - weil sie eine FRAU ist!"
"Jaaa...", lenke ich weinerlich ein, "aber eigentlich mehr, weil ich den Schröder so scheiße fand..."
"Dann jammer nicht und lies!"

Britta seufzt schwer und liest.

Nach einem weiteren Drittel (und großen Mühen, nicht vernehmlich "Dieser Weg wird kein leichter sein" zu summen, was mir nicht aus dem Kopf gehen will) sage ich: "Hmpf... also... sooo neu ist das aber wirklich nicht... Ich hab ja mal für die Bertelsmänner gearbeitet - in einem früheren Leben.
Geld ist eben Macht... kombiniert mit medialer Vormachtstellung schon fast zwangsläufig determinierender, politischer Faktor..."
"Und das ist dann ein Grund, die herrschenden Verhältnisse durch Wahl zu zementieren??"

Britta schiebt die Unterlippe vor und guckt verunsichert.

"Wen hätte ich denn DANN wählen sollen?? Mir erschien das halt als das geringere Übel..."
"Das. Das Merkel. Geringeres Übel. Aber warum um alles in der Welt hast du denn diesmal WIEDER das Merkel gewählt?? Wo doch zu erwarten stand, dass es ausgerechnet mit der FDP regieren würde? Neoliberalismus pur?"
"Na ja... hätte ja auch Schwarz-Grün werden können..."
Alex zieht spöttisch die Augenbrauen hoch.
"Na - und außerdem... den Steinmeier finde ich eben auch scheiße..."

Jetzt seufzt Alex schwer.

Sonntag, 6. Dezember 2009

Vierohr-Mausi ...

Padre - Patrone

"Ist ja putzig, was von dem, das ich dir mitzuteilen versuche, bei dir ankommt", sagt mein Mann.
Der hat gerade meinen letzen Post gelesen und wundert sich nun.
"Hmm? Wassn?" frage ich.
"Ich habe gesagt: 'bedank dich bei deinem Vater!' - nicht: 'Dein Vater ist schuld'..."
"Bleibt sich das nicht gleich?"
"Nein - so lange du in Schuldkategorien denkst, räumst du dem anderen Macht ein."

Aha. Bedanken kann ich mich bei meinem Vater nicht mehr - den haben wir nämlich bereits vor 12 Jahren tieferlegen lassen. Macht über mich hatte der Mistkerl allerdings immer - und hat sie sicherlich auch heute noch. Kaum ein Tag, an dem ich nicht irgendwie an ihn denke.
Kommunikation ist ein schwieriges Geschäft - intergeschlechtliche gleich gar - und wenn es eines Beweises für unser beider Geschlechtsverwirrung bedürfte, fänden wir ihn bequem in unser erschütternd stereotypen Form, miteinander zu reden.
Gut auf den Punkt gebracht hat es DeserTStorm. Ich sollte mir den "Schulz von Thun" nochmal zu Gemüte führen - da steht das alles in epischer Breite erklärt.

Ich HÖR also "Dein Vater ist schuld!" - dass Alex nicht wirklich meint, ich schuldete ihm DANK, verstehe selbst ich. WENN sich überhaupt jemand bei ihm bedanken müßte, dann sicher Alex, der jetzt ja von dem archaischen Frauenbild profitiert, das der chauvinistische Drecksack, unter dessen Fuchtel aufzuwachsen ich das außerordentliche Pech hatte, in meinen Kopf gepflanzt hat.

Nun weiß ich natürlich schon, dass man sich nicht darauf beschränken kann, sein Leben lang den Eltern die Schuld für alle Unbill in die Schuhe zu stopfen - ABER...

In seinem Bemühen, aus mir doch noch irgendwie einen richtigen Mann zu machen, versorgte er mich mit seinen geballten "Lebensweisheiten" - oder dem, was ein 1912 geborener, hart am Rechtsradikalismus vorbeischrammender ostpreußischer Krautjunker dafür hielt.
Meine neun Jahre jüngere Schwester hat das alles natürlich auch eingetränkt bekommen - allerdings wohl subtiler (wenn man von dem Mißbrauch, dem er sie mit drei Jahren unterzog, einmal absieht).
Jedenfalls hat er ihr wohl kaum freudestrahlend mitgeteilt, dass Hunde, Kinder und Frauen in regelmäßigen Abständen etwas an den Hals bräuchten, um zu realisieren, WER der Herr im Haus ist.

Unsere Hunde kamen noch vergleichsweise gut weg - ihr angeborenes Unterordnungsvermögen verhinderte Schlimmeres. Kindern versohlte er bei jeder passenden Gelegenheit den Hosenboden, schlug ihnen aber nicht gleich die Nasen blutig - eine Sonderbehandlung, derer er nur seine diversen Frauen teilhaftig werden ließ.

Die Botschaft war klar: Frauen sind Laternenpfahl ganz unten - und die kleine Britta war da ja doch irgendwie ganz froh, dass er zwar permanent "weibisches Verhalten" konstatierte und entsprechend ahndete, aber nie (bis zu seinem Tod nicht) herausfand, dass sein Sohn in Wahrheit eine Tochter war.
Des weiteren erfuhr ich, dass "keine es quer hat" (sollte heißen, dass eine Frau so gut wie die andere sei), und dass es bei einer Frau in erster Linie auf Unterwürfigkeit und "ein gutes Herz" (lies: Duldsamkeit, Leidensfähigkeit) ankäme, was sich unter anderem darin manifestierte, dass sie nicht alle paar Jahre um einen neuen Wintermantel bettelt. Vielleicht die Erklärung für meine Unwilligkeit, alte Sachen wegzuwerfen.

Das blöde dabei war, dass mir das praktisch ungefiltert reinlief, weil ich ja nicht der unmittelbare Adressat war.
Während nämlich bei meiner Schwester die Gewissheit wuchs, dass sie sich niemals so behandeln lassen wolle, bestand meine Abgrenzung und mentale Abwehr darin, keinesfalls FRAUEN so behandeln zu wollen.

Das nützt MIR nun irgendwie so gar nichts.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass ich zumindest unterbewußt versuche, meinem Vater eine gute Tochter zu sein - wo ich doch als Sohn so eine Enttäuschung war. Dass meine Vorstellung, wie eine "gute" Frau zu sein habe, weit mehr von seinen reaktionären Vorstellungen, als von meinen Wünschen und Bedürfnissen geprägt ist.

Unter dem Aspekt von-Thunscher Vierohrigkeit heißt das:

Der kleine Junge in mir hörte auf dem
Sachohr: Frauen muß man zeigen, wo es lang geht.
Selbstoffenbarungsohr: ICH lasse mir von Frauen nicht auf der Nase herumtanzen.
Beziehungsohr: DU bist zu weich - du wirst es so zu nichts bringen.
Appellohr: Fang endlich an, dich wie ein MANN zu benehmen!

Das kleine Mädchen vernahm:
1. Frauen müssen lernen, wo ihr Platz ist.
2. ICH weiß, wie man Frauen behandeln muss..
3. Du bist zu selbständig/zu sehr auf deine eigenen Bedürfnisse bedacht.
4. Unterwirf dich - oder du wirst unterworfen!

Rebelliere ich gegen Alex, kämpfe ich auch immer irgendwie gegen meinen Vater - und das macht mich zutiefst unglücklich, weil ich ja eine gute Tochter, eine gute Frau sein möchte...
Eigentlich sehe ich in jedem Mann meinen Vater - anders ist diese tiefsitzende Angst vor Männern als solchen nicht zu erklären.

In diesem Sinne: DANKE, Papi... möge die Erde tonnenschwer auf deiner verdrehten Seele lasten!

Redundanz ...

Alex ist sauer.

Da müht Alex sich wacker, Struktur ins systemimanentes Chaos zu bringen - und das doofe Brittalein leistet passiven Widerstand, weil es schwerfällt, sich von Dingen zu trennen, die man schließlich noch mal brauchen könnte.

Alex und Britta räumen nämlich auf.
Also - Alex sagt: "Britta - räum das da auf. Und zwar WANN und WIE ich das geplant habe!" - und überwacht das dann.
Britta - also ich - tut das auch brav.
Allerdings mit Murren und Knurren.
Und nun ist Alex eben sauer.
Weil Britta immer noch Widerstände hat.
Und man das auch merkt.
Alex tut, was ein Mann eben tun muss - und geht weg.

Als er eine halbe Stunde später erstaunlich aufgeräumt wiederkommt, sagt er: "Ich weiß jetzt, wie Du funktionierst - ich geh jetzt erstmal mit K. holzhacken! - Und Du wolltest noch duschen."
Stimmt - das wollte ich. Schon, bevor der Chaos-Beseitigungs-Ukas kam, und mach das schnell mal eben - ehe ihm doch noch was anderes einfällt.
Und toll - K. darf also mit ihm Holzhacken... ICH natürlich nicht!

Als ich blitzsauber und frisch hormonisiert im Kaminzimmer auftauche, ist Alex bereits fertig mit 150-jährige-Eiche-massakrieren und surft.
Ich: "WIE funktioniere ich denn nun??"
Alex (guckt verwirrt, fängt sich aber schnell wieder und klappt das Laptop zu): "Äh... Ach so... Du klebst an Deiner Vergangenheit, mißt den seltsamsten Dingen immer noch einen Restwert zu."
Ich: "Errr... also... Das war jetzt eigentlich gar nicht so das Hauptproblem... ich finde viel schrecklicher, dass ich offenbar NIE etwas so mache, wie DU es Dir vorgestellt hast..."
Alex beguckt mich und meint dann: "Hast Du Dir mal über Mangelbewußtsein, Gedankenhygiene und Glaubenssätze Gedanken gemacht?"
Ich: "Öh... was?? Was.... was zum Henker hat denn DAS jetzt damit zu tun, wie ich funktioniere??"
Britta guckt doof - eine der wenigen Sachen, die sie zu Alex Zufriedenheit erledigen kann - und Alex insistiert: "Hast Du denn nun?" -
"Öh - ja...", sagt Britta und fragt: "Was MEINST Du denn mit Glaubenssätzen? Und was denkst Du, wie die in meinem Fall beschaffen sein könnten??"
"Darum geht es nicht", sagt Alex. -
"Aha... warum fragst denn dann? Was hättest Du denn gerne, was ich glaubte?" erwidert Britta.
"Na - DU könntest zum Beispiel denken: 'ich habe es nicht anders verdient'... und ICH denke, dass dein Vater daran Schuld ist."

Uuuuh... wunder Punkt... so frisch hormonisiert fällt es mir doppelt schwer, nicht gleich wieder loszuflennen. Ich schaff das aber irgendwie, weil Alex es zwar einerseits auf eine seltsame Art mag, wenn ich weine, doch aber auch immer ein schlechtes Gewissen hat, wenn das dann passiert.

"Na - wenn es so wäre. Wenn ich so dächte. WOLLTEST Du das dann??" - "Hmm... sagen wir mal so: es paßte mir durchaus in den Kram."
"Ja - und DANN?" -
"Was - DANN??" -
"Na - Du WILLST es zwar nicht. Es paßt Dir aber ins Konzept... Wie soll denn DANN meine Gedankenhygiene aussehen??"
"Ach, was weiß ich? Ich wollte Dir lediglich mitteilen, wie ICH denke! Ich denke halt so abstrakt."

((Ich habe das jetzt stark gekürzt - das alles zog sich über etwas mehr als eine Stunde - meine Beiträge beschränkten sich in erster Linie auf "Was passiert dann??" - weil ich wohl irgendwie mental in der "Was-passiert-dann-Maschine-Schleife hängengeblieben bin))

"Ja - aber was bedeutet das denn jetzt für MICH?? Du hättest mich jetzt ja auch fragen können, ob ich je über Chaostheorie und die Saturnringe nachgedacht habe! Das ist dann doch eine extrem redundante Unterhaltung... "
"DU bist heute EXTREM anstrengend - ich geh ins Bett!"

Gute Nacht, John-Boy - Gute Nacht, Mary-Ellen...
Da geht er hin... und ich dummes Huhn hätte jetzt sooo gern einen Wodka... und frage mich wieder einmal, was ich denn JETZT wieder falschgemacht habe...

Verdammt... Was WILL er denn??
Ich VERSTEHE Männer einfach nicht... :-/

Montag, 30. November 2009

Drachenfutter ...

Essen reloaded.

"Schatz - kommst Du essen?"
Das tut er.
Kaum hat er die Küche betreten hör ich: "Oh - es gibt Alaska-Seelachs!". Fisch mag er eh nicht so - ist aber gesund! Was schwerer wiegt, ist die Tatsache, dass wir den Abend zuvor einen Beitrag im Fernsing sahen, der nahelegte, dass Seelachs eher auf die Rote Liste, denn auf den Teller gehört.
Mein Kritikohr stellt sich auf, noch ist aber alles im grünen Bereich, so dass ich lediglich "Ist Rotbarsch - auch nicht viel besser.... Hatte ich aber noch in der Truhe - war schon tot..." murmel.
Alex setzt sich und überwacht kritisch das Beladen seines Tellers.
Als er der Bohnen ansichtig wird (wir erinnern uns: bekömmlicher Garzustand versus Bißfestigkeit!) schiebe ich vorauseilend "Die sind von gestern..." ein.
Darauf er: "Hab ich mir schon gedacht, dass du das SO nicht geplant hast."
Das Kritikohr ist jetzt garantiert faltenfrei und arbeitet am Rand seiner Kapazität. Es hört: "Du Schussel knallst doch eh alles völlig planlos in den Pott!" - darum sage ich: "Klar war das so geplant! Warum denkst du das??"
"Weil Bohnen nicht zu Fisch passen!"
Boah... Aha... Selbst gerade mal mit Mühe eine Dose öffnen, aber dann nicht unbedingt erhitzen können, und gleichwohl den Gourmet-Papst raushängen lassen!
"WER sagt, dass Bohnen nicht zu Fisch passen??" fauche ich.
"Das PASST eben einfach nicht!" -
"Tut es wohl! Finkenwerder Scholle zum Beispiel!" -
"Keine Lust, mit dir zu streiten", sagt Alex und läßt mich, vor unberührten Tellern mühsam um Fassung ringend, in der Küche sitzen ...

Nach anderthalb Tagen Sendepause (mein Küchen-DAU inzwischen deutlich unterzuckert) versuchen wir mit Hilfe moderierender Freunde zu ergründen, warum immer wieder scheinbare Nichtigkeiten die Scheiße den Ventilator, respektive die Dunstabzugshaube treffen lassen.

Mühsam.

Alex findet, ich sei ein empfindliches DING - ich will kein DING sein und versuche zu erklären, wie sehr mich sein Genörgel und die zumindest unterstellte mangelnde Wertschätzung kränkt. Und dass es mich überhaupt nur so erwischen kann, weil ich mich bedeutungslos und unmaßgeblich fühle, mit nichts mehr punkten kann, außer einem sauberen Haus und halbwegs genießbarem Essen.

Dann ist er plötzlich weg und steht 30 Minuten später mit 'nem Strauß Rosen und Marzipanherzen da (hat er schnell an der Tanke geschossen) - und ich dummes, empfindliches DING fange doch tatsächlich an zu heulen... obwohl wir ja immer noch Besuch haben ...

Alles ist wieder gut. Er nimmt mich in den Arm, sagt, dass er mir doch nicht habe wehtun wollen. Ich schmelze dahin, nicht ohne in einer sonderbaren Außensicht meiner selbst den Kopf darüber zu schütteln, wie simpel ich doch gestrickt bin.
Ich komme mir so dumm vor, so ... Klischee ... Und furchtbar abhängig.
Gleichzeitig merke ich, wie sehr ich ihn liebe und das ist so überwältigend, dass ich einfach weiterflenne ...

Mittwoch, 25. November 2009

Lift-off ...

ich ...
ich und ER ...


Mann ...
Wann ist ein Mann ein Mann?

"Ich denke - also BIN ich!", sagt mein Mann. Ein Mann eben.
Mein Mann ist gerade mal ein Jahr alt. Biologisch natürlich nicht - sonst wäre er ja nicht mein Mann.
Aber mental halt.
"Liebst Du mich?" frag ich. "Klar, Maus", sagt mein Mann. Nicht ohne hinzuzufügen: "Oder glaubst Du, ich mach' Liegestütze??" Hö-hö ...
Kann er sich nicht verkneifen. Die größten Kritiker der Elche war'n früher selber welche ... Pubertät ist ein schmerzhafter Prozeß.
Ich versuche tapfer, entspannt zu bleiben, sonst wird es jetzt nämlich auch für mich recht schmerzhaft.

Mein Mann sagt gern: "Ich war eine Dose!". Und strahlt mich an.
Das bezieht sich auf eine angejahrte Recycling-Kampagne aus den 80ern.
Und weil im Universum alles nach Ausgleich strebt, fällt mir geradezu zwingend die vakantgewordene Dosenrolle zu.
Was mich nun auch nicht vollumfänglich verstört, war ich doch nie wirklich Manns genug.

Mein Mann sagt: "Männer sind so!", zeigt Zähne, was er für Lächeln hält, und ich frag mich, ob ich GLEICH in Tränen ausbrechen soll, oder lieber später, damit er nicht ünglücklich wird, weil ich so unglücklich bin.
Scheiß Hormone.
Dabei bin ich gar nicht so oft unglücklich, wie er denkt.
Aber manchmal eben schon. Davon später.

Zurück zu meinem Mann.
"Das bisschen Haushalt ...", sagt mein Mann. Und wölft das Essen runter, dessen Zubereitung mich eine Stunde gekostet hat, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass die Bohnen ruhig ein wenig bißfester sein könnten.
Da beschlägt mir schon wieder die Sehhilfe, was ich taktisch clever auf die den Kochtöpfen entweichenden Dämpfe schiebe, und ich fühle mich unverstanden.
Er sich postwendend natürlich auch gleich wieder.
"Du verstehst mich nicht, weil Du kein Mann bist!" Sagt mein Mann.
"Aber DU musst mich doch verstehen! Du warst schließlich selbst mal Frau!" memme ich. "War ich nicht." sagt mein Mann.
Und: "Siehst Du: Du verstehst mich nicht!"
Jetzt bin ich doppelt unglücklich. Weil ihn mein Essen nicht vom Hocker reißt. Und weil ich keine gute Frau bin. Sonst bekäme er von mir ja das Verständis, das er verdient.

Er verdient nämlich alles.

Nicht nur alles, alles Geld - sondern eben auch Anerkennung, Verständnis, Aufmerksamkeit, regelmäßigen Sex und so.
Ich... verdiene gar nix. Kein Geld zumindest.
"Du bist ganz schön teuer!" sagt mein Mann. Das mag ich nicht gerne auf mir sitzen lassen und husche, weil wir in Villabajo ja GERNE etwas länger schrubben, in die Küche, hole neue Zigaretten, mixe Apfelschorle, mache Schnittchen - gern auch nachts um halb eins.
Will ich wissen, welcher Wochentag es ist, schau ich eben ins Fernsehprogramm, damit ich mir nicht des Sonntags bei Aldi eine blutige Nase hole.

24/7 x 52. Nix Feierabend, nix Wochenende. 320 Quadratmeter Deutschland (ich dachte, ich erwähn das mal - wir haben nicht das kleinste aller Häuser).
"Jammer nicht!" sagt mein Mann. Und: "ICH hab es ja wohl auch nicht leicht!"
Das stimmt. Das hat er nicht. Nicht in diesem Weiberhaushalt mit zwei Töchtern, zwei Sekretärinnen, einer nierenkranken Seniorenkatze - und mir.
Er arbeitet wirklich viel. Er fragt sich: "Schaff ich das?" - und sorgt sich. Und schläft schlecht. Und arbeitet noch mehr.
Ich schlaf dann im Kinderzimmer, weil er dann ein bisschen besser schlafen kann. Und nicht wach wird, wenn um 6:15 mein Wecker geht.

Ich frag mich: " Schaff ICH das??" - bin ich wenigstens Manns genug, Frau zu sein??

Viel zu sagen hab ich nicht. Aber allerhand zu schreiben.

Ich denke - also blog ich. So!

Und ich verspreche, nicht ständig zu jammern.
Weil...
Ich liebe ihn schon sehr, meinen Kerl. Und er mich doch auch!

Und na klar ist das alles auch spannend. Und interessant und so.

Wir sind noch nicht so lang verheiratet.
Zwei schier endlose Odysseen münden in eine gemeinsame Reise.
Riskantes Experiment in Echtzeit unter Real-Life Bedingungen.
Ein Tunnelspiel.
Von dessen Etappen ich zukünftig zu berichten versuchen möchte.

Jetzt aber erstmal schnell zurück in die Herdumlaufbahn!
Danke fürs Lesen.