Dienstag, 20. April 2010

Alex aus der Asche

- Britta allein zu Haus? Aber nicht mehr lange! :)=)

Ha! Mein Mann, der letzten Donnerstag ja uuunbedingt noch zehn Minuten vor Schließung des Luftraums geschäftlich nach Malloooca mußte und eigentlich Sonntag schon wieder hier sein sollte, hat es tatsächlich geschafft, einen der wenigen Flieger nach Berlin zu entern!
Hat bestimmt "Lassen Sie mich durch - ich bin Anwalt!" gebrüllt.
Oder gedroht, den Verkehrsminister zu verklagen.
Ich sah mich ja schon vor meinem geistigen Auge mindestens bis zum Wochenende angstvoll und einsam auf der bedrohlich schrumpfenden Haushaltskasse sitzen.
Puuuh...Was bin ich froh, dass der Kerl wieder im Lande ist!
Gleich fahre ich ihn von Bahnhof abholen, ehe er mir noch in Hamburg verschütt geht.

Wehe, er hat mir nicht wenigstens ein Tütchen Vulkanasche mitgebracht! *strahlt wie ein Primelpott*

... Und da sage noch einer, ich könne nicht tagesaktuell bloggen! Pffff! :-)))

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Montag, 12. April 2010

Homecoming Queen

- wie Britta schließlich tatsächlich ihre Unschuld verlor. 
Und sogar ein bisschen blutete!

(ich weiß schon, dass "Homecoming Queen" eigentlich etwas ganz anderes meint - konnte dem Wortspiel aber nicht widerstehen)
Hier also Teil 7 - hat diesmal ein bisschen gedauert. Haupsächlich, weil ich es schwierig finde, die folgenden Ereignisse zu strukturieren, ohne all zu langatmig erklären zu müssen. Und weil jetzt langsam die Dinge anstehen, über die zu schreiben mir ein wenig peinlich ist... 

Britta kehrte also ohne jedes Bedauern der ostholsteinischen Provinz den Rücken und lief nach kurzer Akklimatisierungszeit über die Sommerferien nun nicht gerade im Triumph, aber doch hoffnungsfroh bei eben der Schule auf, von der sie zweieinhalb Jahre zuvor fast geflogen wäre.
Es hätte wohl die Möglichkeit bestanden, noch ein Jahr auf dem in Abwicklung befindlichen Internat zu bleiben und sich dann bis zum Abi in Timmendorf ein Zimmer zu mieten - aber Britta wollte einfach nur weg, weg, weg und wieder nach Hause.
In Schenefeld galt es erst mal, sich zwischen sprachlichem oder naturwissenschaftlichem Zweig zu entscheiden - das Ostseegymnasium hatte bereits die reformierte Oberstufe eingeführt, hier stand das erst fürs nächste Jahr zu erwarten.
Ein echtes Dilemma: Der sprachliche Zweig hätte bedeutet, zu Englisch und Latein noch Französisch dazuzunehmen, der naturwissenschaftliche barg das Risiko, dass die deutlich aufgebohrten Anforderungen in Mathe und Physik über Brittas nur durch heftiges Pauken erreichtes Niveau hinausgehen würden.
Mut zur Lücke: Britta wählte letzteres (auch, weil sie hoffte, damit weiterer Vermännlichung Vorschub leisten zu können) - und scheiterte erwartungsgemäß schon auf den ersten Metern.

Sobald klar war, dass nur die refomierte Oberstufe mit ihren zahlreichen Möglichkeiten, ungeliebte Fächer auf ein Minimum zurückzufahren oder sogar ganz abzuwählen, ein einigermaßen amtliches Abitur gewährleisten würde, lehnte ich mich entspannt zurück und legte so etwas wie ein inoffizielles Sabbatjahr ein. Die "Wiedereingliederung" war schwer genug und nahm meine volle Aufmerksamkeit in Anspruch: Erst jetzt wurde mir bewußt, wie sehr ich mich verändert hatte - meine alten-neuen Klassenkameraden erkannten mich kaum wieder. Schon vorher nicht eben einfach im Umgang, war es nun nahezu unmöglich mit mir auszukommen. So etwas wie Beißhemmung kannte ich nicht und fiel aus Gewohnheit, Angst oder auch nur zum Spaß verbal über jeden her, der mich nicht weiträumig umfuhr. Ruck-zuck war ich komplett isoliert und begann mir Gedanken zu machen, ob es wirklich der richtige Weg war, wie ein offenes Messer durch die Welt zu fräsen. Einen wirklichen Versuch, mich in die Klassengemeinschaft zu integrieren unternahm ich nicht, weil eh schnell klar war, dass ich ein Jahr zurückgehen würde.

Die einzigen Schenefelder, zu denen ich auch in der Verbannung Kontakt gehalten hatte, waren B. und M. - beide ein Jahr älter, deshalb keine Schulkameraden und auch eher seltsame Zeitgenossen, die sich wie ich weder für Fußball, Autos, noch tolle Frauengeschichten interessierten. Wir verbrachten viel Zeit miteinander, tranken Tee, hörten Carole King, Cat Stevens oder Leonard Cohen und redeten über Gott und die Welt.
Das ganze absolut ohne die üblichen Hahnenkämpfe, ohne Aufschneiderei, ziemlich emotional und eigentlich mehr wie unter Mädchen - kein Wunder: beide waren, wie ich später herausfand, stockschwul.
Wenn ich auch noch weit davon entfernt war, mich den beiden zu offenbaren, so kam ich doch langsam wieder in Kontakt zu meinen Gefühlen, meinen weichen Anteilen. In ihrer Gesellschaft brauchte ich keine Angst zu haben, mußte nichts beweisen - ich habe mich selten so sicher und gut aufgehoben gefühlt.

In der Schule war ich in diesem Jahr eigentlich nur körperlich anwesend, träumte so vor mich hin - und wartete.
Aber irgendwie schien die ganze Welt zu warten: es war 1976, die Hippy-Ära ging zu Ende, Punk stand in den Startlöchern, die RAF bombte sich dem deutschen Herbst entgegen oder starb in Stammheim.
Ich war 17 und unterlag damit plötzlich der Wehrüberwachung - ein befremdlicher Gedanke.

Warten. Auf die Studienstufe, die Volljährigkeit, die Musterung, vor der ich mich fürchtete, weil ich auf keinen Fall zur Bundeswehr wollte, aber nicht wußte, mit welcher Strategie ich der Schule der Nation am besten entgehen könnte.
Warten auch auf Klarheit in Bezug auf meine geschlechtliche Situation, auf sexuelle Erfahrungen oder zumindest eine Idee, was ich denn überhaupt wollen könnte. Ich hatte absolut keinen Plan, wußte nicht, wo ich eigentlich hingehörte, welchem der beiden Geschlechter ich den Vorzug geben sollte - und beide Geschlechter waren so gar nicht an mir interessiert. Weil ich nicht Fisch, nicht Fleisch war... immer noch kindlich-androgyn... die Pubertät ein quälend langsamer, schleichender Prozeß. Furchtbar.

Mit dem Beginn des neuen Schuljahres und meinem 18ten Geburtstag kam Bewegung in die Stagnation. Ich beschloß, nicht länger darauf zu warten, dass sich eine Altersgenossin meiner erbarmte und meine Defloration vertauensvoll in professionellen Händen zu legen.
Am Abend meines Geburtstags machte ich mich also, bewaffnet mit Personalausweis und Geburtstagsgeld, auf den Weg hinaus aus der Vorstadt rein in den Sumpf des Lasters und der käuflichen Liebe - ein Terrain, dass ich schon vorher zu jugendschutzkonformen Zeiten akribisch sondiert hatte.
Ich war nicht etwa voll froher Erwartung, ich wollte es einfach nur schnell hinter mich bringen - möglichst umkompliziert und relativ peinlichkeitsfrei.

Puh - zu so später Stunde war ich zuvor noch nie in der "Verbotenen Stadt" unterwegs gewesen... zu bunt, zu grell, zu laut, zu voll... am liebsten wäre ich unverrichteter Dinge wieder umgekehrt.
Weil ich mir aber fest vorgenommen hatte, endlich mitreden zu können, wanderte ich eine Weile in der Gegend umher, faßte mir schließlich ein Herz und betrat das Eros-Center, eines der großen Bordelle an der Reeperbahn, das im Wesentlichen aus einer Art beheizter Tiefgarage mit viel Schwarzlicht bestand, in der mehr oder weniger leichtbekleidete Mädels auf Kundschaft lauerten.
Ich hatte mich noch nicht ganz an die merkwürdigen Lichtverhältnisse gewöhnt, als auch schon eine ältliche Dame, die gut meine Mutter hätte sein können, harpyiengleich auf mich zugeschossen kam. Die ließ sich erst mal meinen Ausweis zeigen - womit ich gerechnet hatte - entdeckte, dass ich Geburtstag hatte, vermutete richtig, dass ich quasi Jungfrau sei und ließ mich nicht mehr aus den Klauen.
Die war nun so gar nicht mein Typ - ich war aber völlig verschüchtert und absolut nicht in der Lage, ihr einen Korb zu geben und mich weiter umzusehen.

Britta fügte sich also ins Unvermeidliche, beschloß, über das fortgeschrittene Alter und den schon deutlich sichtbaren Verschleiß hinwegzusehen, hoffte, die Dame würde mangelnde Attraktivität durch ausgekochteste Erfahrung wettmachen und gedachte der väterlichen Mahnung, dass es eh "keine quer hätte". Auf die schüchterne Frage, was "das" denn koste, wurde ihr beschieden, dass sie mit 30 Mark dabei sei - wohlfeil. Also los.

Durch spärlich beleuchtete Treppen und Flure gelangten wir schließlich zu einer Art weiblichem Cerberus, wo es den Obolus zu entrichten galt, dann in ein schäbiges Zimmer, in dem ich aufgefordert wurde "mich doch schon mal freizumachen".
Na klasse. Schwester!! Ich will hier raus! Aber nix da: Das Verhängnis nahm seinen Lauf.

Nach ein wenig unbeholfener Konversation wollte meine Lehrmeisterin in Spe zur Tat schreiten und fragte, ob ich schon wisse, dass für 30 Mark nur eine "Handmassage" zu erwarten stünde? ... Was?? Zwei gesunde Hände hatte ich selber! Es half alles nichts - weitere 30 Mark wechselten den Besitzer. Dann fragte sie, ob ich etwas trinken wolle - das hätte ich zwar in der Tat gut gebrauchen können, ahnte aber, dass mein schmales Budget ohnehin nicht ausreichen würde, sie mir hinreichend schön zu trinken, und lehnte höflich ab. - Aber SIE dürfe doch?? Hnngh... in Gottes Namen. Sie düste mit weiteren sechs Mark zum Cerberus und kehrte mit einem Vodka zurück.

Dann ging alles recht fix: Sie streifte sich ein Hosen- samt Strumpfhosenbein herunter, wickelte beides um das andere (Gott, diese Romantik!), stülpte mir, nachdem sie routiniert an mir herumgewurschtelt und tatsächlich - wider Erwarten! - so etwas wie eine Erektion hervorgerufen hatte, ein Kondom über und warf sich auf den Rücken - Zeit war ganz offensichtlich Geld.
Wie ich diese groteske Situation überstehen und nach relativ kurzer Zeit sogar "fertig" werden konnte, kann ich mir nur dadurch erklären, dass etwas in mir auf Autopilot schaltete.
Dann verschwand sie kurz im Bad, während ich mich hastig anzog, und bugsierte mich anschließend über wieder andere Gänge und Treppen in einen schäbigen Hinterhof - offenbar wollte man die abgefertigte, desillusionierte Kundschaft nicht mit der noch zu bearbeitenden zusammentreffen lassen...

Da stand ich nun - es hatte passenderweise zu regnen begonnen - wußte nicht, ob ich hysterisch lachen oder herzzerreißend weinen sollte... und hatte das Gefühl, dass die Kindheit jetzt tatsächlich unwiderruflich vorbei war.
Mein erstes und einziges Erlebnis mit käuflichem Sex - jedenfalls aus Kundenperspektive.
Ich wollte nur noch heim. Ganz schnell.

Als ich nach Hause kam, schliefen meine Eltern bereits. Ich schlich ins Bett und heulte mir fast die Augen aus.

Nicht, dass ich sooo naiv gewesen wäre, anzunehmen, auf diese Art etwas wirklich schönes erleben zu können - aber SO furchtbar, so kalt, technisch und herzlos hatte ich mir mein "erstes Mal" nun doch nicht vorgestellt. Selbst körperlich hatte ich rein gar nichts gefühlt (vermutlich hat sie der Einfachheit halber eh "eine Falle geschoben"). Wenn DAS also das höchste der Gefühle gewesen sein sollte, meinte ich, zukünftig gut darauf verzichten zu können.

Aber halt! Ein Ass hatte ich noch im Ärmel: Da gab es ja immerhin noch die "B-Seite" für den Verkehr freizugeben!
Mit diesem tröstlichen Gedanken schlief ich schließlich ein.

(Uii... schon wieder ganz schön lang - das mit dem Blut gibt's dann doch erst nächstes Mal!)

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