"Es kann die Bestie nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt" - oder so.
Alex und Britta haben allerdings ausgesprochen liebe Nachbarn - was sie als Indiz dafür nehmen, dass sie wohl keine richtigen Bestien sein können.
Die Nachbarin trat ja schon quasi als Anschauungsobjekt in Erscheinung, ist Mutter vierer Kinder von zwei bis zweiundzwanzig, stolze Trägerin des Bratzenstempels mit Eichenlaub und Schwertern, Besitzerin eines Hündchens, das sowohl in Aussehen als auch Größe fast tragisch an einen naßgewordenen Gremlin gemahnt, quietschblond (Sie! Nicht der Gremlin!) - und ein wirklich hervorragendes Rollenmodell.
Darüber hinaus ist sie die einzige, der Britta das adäquate Beschlagen ihrer Vorderhufe anzuvertrauen wagt:
Sie ist - Die Nagelfee!
Ganz hinten im nachbarlichen Garten steht nämlich ein kleines Häuschen, in dem sie in weihevoller Atmosphäre dem edlen Beruf der Nagel-Designerin nachgeht.
Den Begriff "Nagelfee" verdanke ich übrigens der Kindin, die sich im zarten Alter von drei Jahren ganz gehörig den Daumen klemmte, was gottlob ohne Zertrümmerung kleinkindlicher Knochensubstanz abging.
Was dann allerdings doch abging, war der Nagel...
Als ich den feierlich entsorgen wollte, schritt sie beherzt ein, forderte, ihn in einem Döschen zu verwahren und unter ihrem Kopfkissen zu deponieren, auf dass die flink erfundene "Nagelfee" ihr den schmerzlichen Verlust gefälligst vergüten möge, wie es die Zahnfee schließlich mit den entsprechend anfallenden Körperteilen auch zu tun pflege.
Diesem für eine Dreijährige erstaunlich stringenten Gedankengang wußte ich nichts entgegenzusetzen, so dass Tochterkind am nächsten Morgen triumphierend ein auf wundersame Weise anstelle des schrumpeligen Nagels materialisiertes, funkelndes 2-Euro-Stück vorweisen konnte.
- Aber ich schweife ab.
Das maskuline Pendant, der ihr angetraute Gatte, ist fast breiter als hoch, gewollt kahlköpfig und definitiv NICHT der Typ Mann, dem man nächtens - vielleicht noch mit Springerstiefeln, Baseballkeule und Pittbull - im Park begegnen möchte.
Alex aber ist ihm herzlich zugetan - nicht nur, weil er von rauher Herzlichkeit und seinerseits ein wundervolles Rollenmodell ist, sondern auch, weil die beiden ein gemeinsames Hobby teilen:
Holzhacken!
Sie haben sich immer viel zu erzählen - also... was Männer so unter "Erzählen" verstehen.
Dreht sich offenbar im Wesentlichen um das Erwägen des Für und Widers verschiedener Fiskars-Äxte und diverser Kettensägen.
Unser Nachbar ist nämlich gar nicht so gefährlich, wie er aussieht - vielmehr Security bei der Hochbahn: einer von den Good-Guys also!
Als die Beiden (samt Hündchen und Kinderschar) das Haus neben uns erwarben, schwante uns nichts Gutes - wir beobachteten sie lange wie zwischen Abscheu und Faszination hin- und hergerissene Insektenforscher vom Balkon unserer Trutzburg herab.
Unsere Nachbarn widerum waren sich angesichts unseres über 100 Jahre alten Spukschlößchens und seiner seltsamen Bewohnen sicher, fortan in unmittelbarer Nähe Untoter oder zumindest einer Seitenlinie der Addams-Family wohnen zu müssen.
Den Durchbruch brachten unsere Gören, die begannen, wie Romeo und Julia über die gemeinsame Gartenmauer zu kommunizieren (das Prinzip der Kommunizierenden Gören ist dem ein oder anderen vielleicht noch aus dem Physikunterricht bekannt).
Die "Mamis" (also das Brittalein und E.) kamen notgedrungen ins Gespräch - was dann den jeweils liebgewonnenen Vorurteilen flott den Coup de grâce versetzte. Scheiße...
Das Ende vom Lied ist, das Alex jetzt bei Nebenans den Weihnachtsmann gibt, während E. Britta die Nägel macht.
Und verdammt: die sind richtig cool! Total selbstverständliche Toleranz, sehr ähnliche Auffassung von Kindererziehung, super lustig.
Alex und O. kauften gemeinsam eine grobzerlegte 150-jährige Eiche, die sie anschließend rituell massakrierten - E. und das Brittalein fachsimpeln über Zucht und Hege von Krallen, Kochrezepte und die Gören.
Saddam und Camorra - oder wie das heißt.
Na - jedenfalls war kurz vor Weihnachten die Wartung der kryptonitverstärkten Digital-Protuberanzen fällig, was E. zu der Frage veranlaßte, ob sie nicht einen der Nägel "ein wenig weihnachtlich" gestalten solle - sie hätte da was.
![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEjvAeD6p2I-YRyqQ3Oqoa2oOMnce5rKZf3W_Xw5zXBKXeVpEFO_5p1BwjvZ28S9LmlONqIX7CF6u_06VOW1kMgGwiW1ULIsvE0zRHQcBNNgC9ByGFYO-hbwyGLGNRF4h3ljdyZ0c8AVs00/s320/Nagel-1.jpg)
Alexandrinischer Kommentar nach schüchterner Präsentation:
"WANN geht das wieder AB??"
MÄNNER!
ICH finde das SÜSS!
Und das bleibt dran!
SO! :-))
Oh! Eh ich's vergesse: "Hausfrauenlänge" ist ein im Nagelstudio gängiger Begriff.
Bezeichnet die Krallenlänge zwischen "Oh! Total abgefressen - wir retten, was zu retten ist!" und - Tussi-Schippen.
Also das, was einigermßen gepflegt wirkt, ohne bei der Erledigung der häuslichen Pflichten zu hindern.
Nur, falls es jemanden interessiert... ;-)
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