Mittwoch, 30. Dezember 2009

Hausfrauenlänge

Ode an die Nagelfee

"Es kann die Bestie nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt" - oder so.

Alex und Britta haben allerdings ausgesprochen liebe Nachbarn - was sie als Indiz dafür nehmen, dass sie wohl keine richtigen Bestien sein können.

Die Nachbarin trat ja schon quasi als Anschauungsobjekt in Erscheinung, ist Mutter vierer Kinder von zwei bis zweiundzwanzig, stolze Trägerin des Bratzenstempels mit Eichenlaub und Schwertern, Besitzerin eines Hündchens, das sowohl in Aussehen als auch Größe fast tragisch an einen naßgewordenen Gremlin gemahnt, quietschblond (Sie! Nicht der Gremlin!) - und ein wirklich hervorragendes Rollenmodell.

Darüber hinaus ist sie die einzige, der Britta das adäquate Beschlagen ihrer Vorderhufe anzuvertrauen wagt:

Sie ist - Die Nagelfee!

Ganz hinten im nachbarlichen Garten steht nämlich ein kleines Häuschen, in dem sie in weihevoller Atmosphäre dem edlen Beruf der Nagel-Designerin nachgeht.


Den Begriff "Nagelfee" verdanke ich übrigens der Kindin, die sich im zarten Alter von drei Jahren ganz gehörig den Daumen klemmte, was gottlob ohne Zertrümmerung kleinkindlicher Knochensubstanz abging. 
Was dann allerdings doch abging, war der Nagel... 

Als ich den feierlich entsorgen wollte, schritt sie beherzt ein, forderte, ihn in einem Döschen zu verwahren und unter ihrem Kopfkissen zu deponieren, auf dass die flink erfundene "Nagelfee" ihr den schmerzlichen Verlust gefälligst vergüten möge, wie es die Zahnfee schließlich mit den entsprechend anfallenden Körperteilen auch zu tun pflege.
Diesem für eine Dreijährige erstaunlich stringenten Gedankengang wußte ich nichts entgegenzusetzen, so dass Tochterkind am nächsten Morgen triumphierend ein auf wundersame Weise anstelle des schrumpeligen Nagels materialisiertes, funkelndes 2-Euro-Stück vorweisen konnte.
 - Aber ich schweife ab.

Das maskuline Pendant, der ihr angetraute Gatte, ist fast breiter als hoch, gewollt kahlköpfig und definitiv NICHT der Typ Mann, dem man nächtens - vielleicht noch mit Springerstiefeln, Baseballkeule und Pittbull - im Park begegnen möchte.
Alex aber ist ihm herzlich zugetan - nicht nur, weil er von rauher Herzlichkeit und seinerseits ein wundervolles Rollenmodell ist, sondern auch, weil die beiden ein gemeinsames Hobby teilen:
Holzhacken!
Sie haben sich immer viel zu erzählen - also... was Männer so unter "Erzählen" verstehen.
Dreht sich offenbar im Wesentlichen um das Erwägen des Für und Widers verschiedener Fiskars-Äxte und diverser Kettensägen.

Unser Nachbar ist nämlich gar nicht so gefährlich, wie er aussieht - vielmehr Security bei der Hochbahn: einer von den Good-Guys also!

Als die Beiden (samt Hündchen und Kinderschar) das Haus neben uns erwarben, schwante uns nichts Gutes - wir beobachteten sie lange wie zwischen Abscheu und Faszination hin- und hergerissene Insektenforscher vom Balkon unserer Trutzburg herab.

Unsere Nachbarn widerum waren sich angesichts unseres über 100 Jahre alten Spukschlößchens und seiner seltsamen Bewohnen sicher, fortan in unmittelbarer Nähe Untoter oder zumindest einer Seitenlinie der Addams-Family wohnen zu müssen.

Den Durchbruch brachten unsere Gören, die begannen, wie Romeo und Julia über die gemeinsame Gartenmauer zu kommunizieren (das Prinzip der Kommunizierenden Gören ist dem ein oder anderen vielleicht noch aus dem Physikunterricht bekannt).
Die "Mamis" (also das Brittalein und E.) kamen notgedrungen ins Gespräch - was dann den jeweils liebgewonnenen Vorurteilen flott den Coup de grâce versetzte. Scheiße...

Das Ende vom Lied ist, das Alex jetzt bei Nebenans den Weihnachtsmann gibt, während E. Britta die Nägel macht.
Und verdammt: die sind richtig cool! Total selbstverständliche Toleranz, sehr ähnliche Auffassung von Kindererziehung, super lustig.
Alex und O. kauften gemeinsam eine grobzerlegte 150-jährige Eiche, die sie anschließend rituell massakrierten - E. und das Brittalein fachsimpeln über Zucht und Hege von Krallen, Kochrezepte und die Gören.
Saddam und Camorra - oder wie das heißt.

Na - jedenfalls war kurz vor Weihnachten die Wartung der kryptonitverstärkten Digital-Protuberanzen fällig, was E. zu der Frage veranlaßte, ob sie nicht einen der Nägel  "ein wenig weihnachtlich" gestalten solle - sie hätte da was.

Britta schaut also wie Karnickel auf Schlange auf einen Bogen voll der herzigsten Weihnachtsmotive... nickt schwerfällig... wie in Trance... und verläßt wenig später das nachbarliche Nagelstudio (mal ehrlich: WER hätte ob dieses Wortes NICHT schon die absonderlichsten Assoziationen gehabt...??) mit folgendem Ergebnis:











Alexandrinischer Kommentar nach schüchterner Präsentation:
"WANN geht das wieder AB??"

MÄNNER!

ICH finde das SÜSS!
Und das bleibt dran!
SO! :-))

Oh! Eh ich's vergesse: "Hausfrauenlänge" ist ein im Nagelstudio gängiger Begriff.
Bezeichnet die Krallenlänge zwischen "Oh! Total abgefressen - wir retten, was zu retten ist!" und - Tussi-Schippen.
Also das, was einigermßen gepflegt wirkt, ohne bei der Erledigung der häuslichen Pflichten zu hindern.


Nur, falls es jemanden interessiert... ;-)


.

14 Kommentare:

  1. Oh wie süß :-) ich mag das auch - leider hab ich Schuppenflechte unter den Nägeln - deswegen ist das nix für mich. Ist quasi nix gut :-(

    Aber lustiges Kopfkino, die Beschreibung zwischen Euch, den Nachbarn und der Annäherung *hihi*

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  2. Uii... UNTER den Nägeln??
    Geht denn normales Lackieren? Diesen ganzen Nagelschnickschnack gibt es ja auch zum selbstdraufpappen-und-überlackieren...

    Die Beiden sind wirklich süß - die ganze Geschichte zeigt wieder einmal, wie leicht man sich von Äußerlichkeiten in seinem Urteil beeinflussen läßt. ;-)

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  3. Na ja - ich finde erstes Einsortieren in Schubladen ganz ok, solange man dann noch in der Lage ist, die Schublade zu revidieren - so wie ihr es gemacht habt :-)

    Ja, lackieren über den Nägeln geht schon - mach ich auch, denn es sieht wirklich häßlich aus, aber das macht es irgendwie auch nicht besser. Ich gebe dem linken Zeigefingernagel noch max. 6 Monate - hoffe nur es wächste danach noch was nach..... Einmal wurde er mir gezogen - danach hatte ich ca. 2 Jahre Ruhe - aber ganz ehrlich - da hab ich auch keine Lust drauf - ist langwierig und aua...

    Hab ich übrigens auch an den Knochen. Nennt sich dann Psoriasis Arthritis..... Bäh!

    Aber sonst bin ich gesund :-D

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  4. Also...also...also...ähm...ich bin sprachlos. Du bist echt die Kitschqueen in Person. Aber gut....zur Not kann ich mich ja mit Deinem Mann über Kettensägen unterhalten wenn ich auf nen Kaffee komm. *hoff*

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  5. @Sissy: Ufff.... das klingt aber unangenehm... :(
    Gegen Schuppenflechte ist auch immer noch kein Kraut so recht gewachsen, oder?
    Meine Nägel sind einfach nur furchtbar dünn und reissen gern mal quer übers Nagelbett. Seit ich Gel-Nägel habe, ist damit Schluß. Alle vier bis sechs Wochen zum Auffüllen und gut ist.
    Farbige Nägel stehen mir irgendwie nicht - French geht allerdings prima. Und wenn ich das alle Woche selbst lackieren müßte, würde ich irre... ;)

    @Eliza: Heee - schöne Weihnachten gehabt??
    Und: Pöööh! Kitschqueen! Als E. damit ankam, fand ich das zuerst auch furchtbar Panne.... aber als ich dann das Lebkuchenmännchen entdeckte... und sie meinte, dass sie ihm noch ein Weihnachtsmützchen mit Glitzerstein-Bommel aufsetzen könnte... da war's um meine Widerstandskraft geschehen... *wimmer* ;-)

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  6. Naja...mein Weihnachten ist ausgefallen. Aber das Julfest war schön. *fg*

    *lach* Manchmal aber nur manchmal hab ich fast Mitleid mit Deinem Mann. ;-)

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  7. Sieht witzig aus!

    Und Krallenpflege brauche ich nicht zu betreiben, meine sind immer kurzgefressen.

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  8. Gegen meine früher kurzgefressenen Nägel hat Kieferknochenschwund doch sehr geholfen. Wenn die Zähne mal so wacklig sind, dass ein weiches Brötchen schon eine Gefahr darstellt, dann hört man auf mit dem Kauen. Versprochen.
    Aber das Männlein ist echt schick :-) Und Hausfrauenlänge hört sich nach einer vertretbaren Länge an- Tussischippen sehen schon so schrecklich nach Mitnahmeeffekt an, dass ich mich frag, wie die sich kratzen, wenn das mal nötig ist.
    waaaaa.

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  9. @Ravel: Hach! Danke schön! :-)
    Acyl frißt man nicht mehr ab - zumindest nicht, wenn einem die Vorderzähne lieb und teuer sind! ;-)

    @Lily: Ich hatte die auch schon deutlich länger - weil aber lange Krallen irgendwann eher den Tatbestand erworbener Behinderung streifen, trag ich die jetzt halt so.
    Das Männchen wird im Frühling etwas anderem Saisonbedingten weichen müssen: Alex wird natürlich wieder leiden (der hat es ja naturgemäß nicht so mit dem Mädchen-Kram, während x-chromosomal-geforderte Frauen wie ich das ja gern mal übertreiben), hat aber schon versprochen, ganz tapfer sein zu wollen.
    Kratzen mit Acylnägeln ist übrigens ziemlich unbefriedigend: die sind vorn so abgerundet, weil sie ja deutlich dicker als Naturnägel sind.
    Ich habe schon erwogen, mir zum Muttertag ein Kratzhändchen zu wünschen! *griieen*

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  10. Ah. Jetzt weiß ich auch, warum die Tussenschippen auf dem Rücken der von ihnen zwecks Beischlafbegeisterungsförderung gekratzten Männer keine Striemen hinterlassen. Vermutlich sind die Dinger auch recht nutzlos, was die Aufbewahrung von Spuren für den Fall der (Mord)-Fälle betrifft?
    Herrschaftszeiten.

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  11. *lacht* Yep-yep-yep! *nickt leidgeprüft*
    Vollkommen nutzlos... waffentechnisch etwa so effektiv wie Stilettos... je länger die Nägel, desto größer die Herausforderung, Wechselgeld aufzuklauben oder EC-Karten aus Brieftaschen zu fischen. :-/

    Ist schon eine Überlegung wert, warum Männer sich NIE aus modischen Gründen SO in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken lassen würden, oder?

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  12. Ich hatte da mal eine Postkarte- auf der stand: Wenn es keine Männer gäbe, hätten wir lauter dicke, glückliche Frauen in kochbarer Unterwäsche.
    Da ist was dran :-)
    Und: Stilettoes nie- in den Dingern kann man nicht schnell genug rennen.
    Und dabei ist es egal, ob von etwas weg- oder auf etwas zuzurennen ist.

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  13. Hehe... sehr wahr!

    Das Gefühl, schön und begehrenswert zu sein, wird durch erhebliche Unfreiheit im Denken und Handeln erkauft - insofern ein wirklich gelungener Kunstgriff des Patriarchats, weibliche Energien zu binden.
    Hätten Männer ähnlich damit zu tun, sich nicht schmutzig zu machen, keine Laufmaschen zu kriegen, ihr Makeup nicht zu verschmieren, ihre Ohrringe nicht zu verlieren, sich keine Nägel oder Absätze abzubrechen und sich dabei auch noch einigermaßen graziös zu bewegen - die hätten einfach keine Zeit für Kriege und dergleichen.

    Alex empfindet erhebliche Erleichterung durch den Wegfall modisch-weiblicher Erfordernisse - ich bin wohl einerseits froh, all das endlich auch zu "dürfen", merke aber andererseits natürlich auch den hinter diesen Erwartungen stehenden Druck und die damit verbundene Unbequemlichkeit.

    Unsere besondere Beziehungskonstellation macht den Umgang mit der jeweils anderen Rolle fast zu einem soziologischen Experiment. ;-)

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  14. @Britta
    allerdings!! scnr. [ = sorry, could not resist]

    ich trage nägel immer kurz/kürzer/am kürzesten, zumindest an den vier fingern links; spiele ja geige, da geht das nicht länger als 1mm... daher dann meist alle kurz. ich reite ja auch noch, da brechen die bei 3 oder mehr mm gern mal ab oder reißen fies ein, wenn man irgendwas am sattel oder an der trense nachziehen muß - oder z.b. mit dem hufkratzer hantiert ;). allerdings lackiere ich sie zur zeit 'immer'. heute: passend zum blaugrauen oberteil in schwarz mit 'ner french-rosa schicht drüber, das schimmert dann ein bißchen bläulich/gräulich ;). [sieht bei so kurz zwar nicht mehr elegant, aber wenigstens gepflegt aus :)]

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